Ab und zu werde ich gefragt, ob Signal als Kurznachrichtendienst ne gute Sache sei. Dann ernte ich Erstaunen wenn ich meinen "Segen" verweigere.
Aber ich möchte einfach nicht in die Lobeshymnen einstimmen, wie toll Signal ist. Auch wenn Open Source und Security Audits ein Fortschritt am Messengermarkt ist, ist offener Quellcode nicht alles.
Es ist ja schön, wenn der Quellcode offen ist und Server und Clients auf höchstem Sicherheitsniveau arbeiten, aber wenn die Daten, die damit gesammelt werden, bei zentralen Anbietern liegen, wird ein grundlegender Fehler in der Struktur gemacht.
Das Internet ist, wie es im Namen schon steht, als Netz gedacht. Und diese Struktur macht es ausfallsicher, performant und schwer angreifbar. Wenn wir unsere Kommunikation über zentralisierte Anbieter schicken, dann ist die Kommunikation an einem Ort gebündelt. Sie ist dort angreifbar oder kann morgen von Facebook oder Microsoft aufgekauft werden und damit auch unsere Adressbücher und Aktivitätslogs.
Aber nicht immer nur meckern, sondern auch Alternativen anbieten, sagt mein Mann.
Auf Platz 1 - Chat over Imap(COI) mit Deltachat
Im Grunde wäre die beste Möglichkeit, Kurznachrichten auszutauschen, das Chat via E-Mail - (COI). Bei Chat via E-mail wird alles erfüllt, was wir brauchen. Fast jede ist durch die E-Mail schon Teil des Netzwerks. Jede hat vielleicht auch schon, je nach Rolle, eine separate Funktionsemail (z.B. eine Arbeitsemail). Die Verschlüsselung ist gut erprobt. Theoretisch gibt es sogar Anhänge, Lesebestätigung und weitere tolle Mailfunktionen, die auch im Messenger praktisch wären. Aber das Wichtigste: Es nutzt freie Protokolle/Software sowie dezentrale Serverstruktur und dabei benötigt es keine Telefonnummer. Die Technik dahinter wird schon seit Jahren entwickelt und ist bei vielen E-Mailanbietern schon als Erweiterung in den Protokollen IMAP und SMTP implementiert.
Es gibt dazu auch schon Clientlösungen, die in den Startlöchern stehen: z.B. Deltachat, die das verbesserte E-Mailprotokoll(COI - ChatoverIMAP) sprechen kann. Wenn ich mir Deltachat installiere, habe ich einen Messenger, mit dem ich mich wie mit meinem Mailclient bei meinem E-Mailprovider anmelde und dann an jede E-mail-Adresse Kurznachrichten schicken kann. Die erreichen die Adressaten auch einfach per E-mail, wenn sie kein Emailchatprogramm installiert haben. Anhänge schicken ist auch kein Problem. Und wenn die Adressaten auf die E-mail antworten, taucht die Antwort bei den ursprünglichen Absendenden im Deltachat auf.
Im Moment würde ich es noch nicht im professionellen Umfeld empfehlen, aber in 1 - 5 Jahren sehe ich hier das größte Potential.
Die App kann nun auch auf Android-Smartphones verwendet werden, die ohne GooglePlayStore installiert wurden. ( Info für nicht Techies - es ist teilweise möglich, Androidtelefone mit z. Bsp LineageOS oder beim Fairphone ab Werk ohne GoogleErweiterungen zu installieren)
Na, da schließe ich mich mal an und sage Danke an alle, die mit daran gearbeitet haben.
Platz 2 - Matrix
Die 2. Favoritin ist Matrix, ein Protokoll, das von der matrix.org Foundation gepflegt wird und mit verschiedenen Messengerprogrammen funktioniert - in meinem Fall Element(früher Riot) als Flagschiff. Es gibt aber auch noch Fluffychat etc.. Matrix hat Bekanntheit dadurch erlangt, dasz es von der französischen Regierung für die Behördenkommunikation ausgewählt wurde und in Deutschland z.B. von der Bundeswehr favorisiert wird. Man hat die Möglichkeit, seinen eigenen Server aufzusetzen, kann aber auch einfach auf matrix.org oder anderen Anbietern einen Account erstellen. Ich teste ihn schon eine Weile und inzwischen kann ich ihn bis zur Serienreife von Chat per Mail empfehlen. Die Tests mit Videotelefonie waren auch erfolgreich. Die Zielgruppe für eigene Server sind hier aber eher Organisationen, Vereine und Firmen. Und in der Anwendung ist es eher ein Konkurrenzprodukt zu MS Teams oder Slack.
Andere Messengerprotokolle, die dezentral funktionieren - Jabber(xmpp) oder IRC - setzen sich zur Zeit vielleicht aufgrund ihrer Komplexität oder mangels Funktionsumfang nicht durch. Oder sie finden als Subprozess in Jitsiwebconferenzen oder Nextcloudapps ihre Nische.
Und als abschließende Alternative möchte ich mal wieder ein Vorbild zitieren: „Heute kommt nichts mehr. Also abschalten, Tschüß.“ - Peter Fritz Willi Lustig(1937 - †2016)
Praktische Links:
- https://www.freie-messenger.de
- https://delta.chat/de/
- https://matrix.org/
- https://element.io/get-started
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